Gründe für einen zweiten Irak-Krieg
von Thomas Badtke

Nach dem Abzug der Waffeninspekteure 1998 wurde es ruhig um Saddam Hussein und seinen Irak. Die Welt erfreute sich am Hightech-Boom, am schnellen Geld und sah mit Wohlwollen dem neuen Jahrtausend entgegen. Hoffnungen rankten sich um das Jahr 2000, als Beginn eines Zeitalters, welches ganz im Zeichen des friedvollen Miteinanders stehen sollte. Wie wir alle nun wissen, trog der Schein. Hinter den Kulissen in Nahost und West werkelte man kräftig an neuen Problemen. Die Internethysterie verlor an Magie und der in sehr kurzen Zeit aufgeblähten Boomblase ging die Luft aus, was ein Platzen dennoch nicht verhinderte. Erste Skeptiker betraten die Wirtschaftsbühne und ließen die Zuschauer abermals vor dem Schreckgespenst Inflation erzittern. Zuvor kam jedoch die große Arbeitslosigkeit und ein neuer US-Präsident. Quasi gewählt vom Volk, aber eigentlich vom Gericht bestimmt. Auf seinen Schultern lastete im Jahr 2000 die ganze Last. Egal ob wirtschaftlich oder außenpolitisch gesehen, egal ob innenpolitisch betrachtet, die ganze Welt hielt den Atem an, als George W. Bush zum Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika, der weltweiten unangefochtenen Nummer Eins in Sachen Wirtschaft, Rüstung, Raumfahrt und noch zig anderer Bereiche des täglichen Lebens ernannt wurde.

Ernest Hemingway hatte einmal gesagt:
„Inflation ist das erste Wundermittel des schlecht geführten Staates Das zweite Wundermittel ist der Krieg. Beide bringen zeitweiligen Wohlstand, und beide bringen den endgültigen Zusammenbruch. Aber auf beiden ruht die Hoffnung von Opportunisten in Politik und Wirtschaft.“

Derzeit versucht sich Amerika am zweiten Wundermittel. Die Vorbereitungen sind in vollen Gange. Der eigentliche Gegner, der Irak mit seinem Diktator Saddam Hussein versucht alles, um einen drohenden Krieg und den damit eventuell verbundenen Machtverlust in der Region zu verhindern. Er bot vor kurzem sogar an, Agenten des US-Geheimdienstes CIA bei der Inspektion von Palästen, Fabriken etc. im Irak zuzulassen. Natürlich sollte sich die Anzahl der Spione in Grenzen halten, aber man kann nicht sagen, Hussein hätte nicht alles versucht. Die USA, die eigentlich hocherfreut über dieses Angebot gewesen sein müssten - zum einen weil sie jetzt sogar offiziell Agenten im Irak hätte haben können und zum zweiten, weil gerade die Profis vom CIA die eigentlichen Verstecke der Massenvernichtungswaffen im Irak kennen sollten und damit dem UN-Sicherheitsrat den Kriegsgrund hätten liefern können, den sie brauchen und suchen - lehnte die irakische Offerte ab. Als Begründung gaben sie an, dass die Beweislast auf Seiten des Irak liege. Nun stellt sich natürlich die Frage, wer einen Präventivkrieg führen möchte?! Ich glaube nicht, dass Saddam Hussein in der Lage ist, einen Erstschlag bzw. Überfall auf die Vereinigten Staaten durchzuführen. Der Gedanke könnte dem irakischen Diktator zwar gefallen, mit Sicherheit sogar, aber die Mittel fehlen ihm dazu. Anderer Meinung sind da die Amerikaner und Briten, weshalb man hier auch wieder von den Anglo-Amerikanern sprechen kann. Die kriegerisch-eineiigen Zwillinge, Bush und Blair haben eine solche Angst vor dem Irak und seinem Diktator, dass sie seit dem Abzug der Waffeninspekteure 1998 eigentlich schon einen kleinen, aber feinen Präventivkrieg führen. Sie bombardieren mal in der nördlichen, mal in der südlichen Flugverbotszone. Natürlich mit dem ehrenvollen Hintergedanken, die dortigen Bevölkerungsgruppen, unterdrückt von Saddam Hussein und seinen Sunniten, zu schützen. Es scheint dabei reiner Zufall zu sein, dass sich gerade in diesen beiden Flugverbotszonen die größten und reichsten Erdölreserven des Irak befinden. Immerhin der weltweiten Nummer Zwei in diesem Bereich. Den Aufschrei der weltweiten Öffentlichkeit gibt es indes nur, wenn die Iraker sich verteidigen. So wie vor kurzem, als sie eine unbemannte Drohne der Amerikaner abschossen. Den Bildern der Nachrichtenanstalten nach, war es eine vom Typ „Predator“. Mit deren Hilfe will US-Präsident Bush den neuen Terrorkrieg führen und Terroristen, frei nach texanischem Wildwest-Brauch, „dead or alive“ aufspüren oder gleich vernichten.

Aber zurück zum Irak und seinen Waffeninspekteuren. Sie verließen im Jahr 1998 das Land. Vorausgegangen war ein Katz-und-Maus-Spiel, zwischen dem damaligen Chef der UN-Waffeninspekteure, dem Australier Richard Butler, den Vereinigten Staaten um US-Präsident Clinton und Saddam Hussein. Im Nachhinein wird es immer zu ungunsten des Irak geschildert. Nicht vergessen darf man an dieser Stelle, dass der Abzug der UN-Waffeninspekteure mit Bombardements der Amerikaner einhergingen. Butlers Vorgänger Rolf Ekeus, der das UN-Inspektionsteam von 1991 bis 1997 leitete, hatte 1996 mit dem Irak eine Übereinkunft ausgehandelt, die die Modalitäten zur Durchsuchung sogenannter „sensibler Einrichtungen“ betrafen. Sollten die UN-Waffeninspekteure an einen von den Irakis als „sensibel“ deklarierten Ort kommen, sollte ein vierköpfiges Inspektionsteam unverzüglich Zugang erhalten. Dieses sollte dann untersuchen, ob dieser Ort etwas mit Massenvernichtungswaffen zutun habe, oder ob es sich tatsächlich um einen „sensiblen“ Ort handelt. In diesem Fall war die Inspektion zu beenden. Sowohl der UN-Sicherheitsrat, als auch die Irakis hatten dieses Vorgehen gebilligt und es war praktikabel. Im Oktober 1998 kündigte Butler den Rückzug aller Inspekteure an. Zuvor hatte sich Hussein mehrfach gewehrt, amerikanische Inspekteure in sein Land zu lassen, da er von deren Seite Manipulation und Spionage erwartete. Dann lenkte er jedoch ein, verlangte aber, dass die Amerikaner nur die „laufenden Kontrollen“ durchführen dürften. Butler sah dies als Affront und zog alle Inspekteure ab. Daraufhin bereiteten sich die Amerikaner auf eine Bombardierung des Irak vor. Dann gelang es dem damaligen UN-Generalsekretär doch noch, die Iraker zur „bedingungslosen Rückkehr der Waffeninspekteure“ zu bewegen. Die USA wollten trotzdem bombardieren lassen. Ein Herumschubsen der Weltmacht von der UNO, das geht nun wirklich nicht.

Am 30. November traf sich ein ranghohes Mitglied des amerikanischen Nationalen Sicherheitsrates mit Butler. Er legte ihm einen Zeitplan für die Bombardements vor und sie sollten zeitgleich mit den Inspektionen starten. Damit wurden die Inspektionen als Vorwand für eine Bombardierung benutzt. Jetzt fehlte nur noch ein triftiger Grund. Hier kommen dann die „sensiblen Einrichtungen“ wieder ins Spiel zurück. Butler ließ von einem Inspektionsteam das Hauptquartier der Baath-Partei in Bagdad durchsuchen. Die Iraker deklarierten diese als „sensible Einrichtung“, was sie wohlweißlich auch ist. Sie ließen ein vierköpfiges Team der UN-Waffeninspekteure, wie im mit Ekeus abgeschlossenen Rahmenpaket, zu. Die Inspekteure erklärten daraufhin die Modalitäten dieses Rahmenpaketes zur Inspektion sensibler Einrichtungen einseitig für ungültig und forderten die Zulassung des gesamten Inspektionsteams. Die Iraker ließen sich auf einen Kompromiss ein und ließen sechs Inspekteure das Hauptquartier der Baath-Partei nach Massenvernichtungswaffen durchsuchen. Gefunden wurde nichts. Daraufhin forderte der Leiter des Inspektionsteams, im Namen von Richard Butler, die Irakis dazu auf, ein viel größeres Team zur Durchsuchung zuzulassen. Die Iraker beriefen sich auf die mit Ekeus ausgehandelten Modalitäten und verweigerten eine nochmalige Inspektion. Daraufhin zogen sich die Inspekteure zurück und erstatteten Butler Bericht. Dieser wiederum führte diesen Vorfall als eklatante Missachtung des Mandats des UN-Sicherheitsrates an und ließ das Team auf Befehl der Amerikaner, nicht des UN-Sicherheitsrates!!! abziehen. Die Bombardierung konnte beginnen und die Verteufelung des Irak wurde fortgesetzt.

Bis nach den Terroranschlägen auf New York, dem nachfolgenden Antiterror-Krieg, der damit einhergehenden Bekämpfung der Taliban in Afghanistan, plötzlich der Irak wieder im Fokus der Amerikaner auftaucht, genauer gesagt als Spitze der „Achse des Bösen“. Vier Jahre nachdem die UN-Waffeninspekteure den Irak verlassen hatten, kehrten sie zurück. Zum Glück für den Rest der Menschheit, denn die USA wollten und wollen noch immer einen Krieg gegen Saddam Hussein und den Irak. Um von innenpolitischen Problemen in der USA abzulenken scheint es, wird auf dem außenpolitischen Schachfeld die Grand Dame der Freiheit in Stellung gebracht. Sie soll dem unterdrückten Land Irak dieselbige bringen. Eng verbunden mit der Demokratie. Letzteres bleibt freilich Definitionssache. Aber das scheint erst einmal nicht sonderlich zu interessieren. Hauptsache man hat die US-Präsidentschaftswahlen 2004 im Blick und scheitert nicht bereits nach einer Amtsperiode wie der Vater. Ein Schelm, wer da an psychologische Probleme, oder gar Kindheitstraumatika bei George W. Bush denkt. Der Führer der Ersten Nation der Welt, mit einer Machtfülle ausgestattet, dass selbst Cäsar, Alexander der Große oder Napoleon vor Neid erblasst wären. Alles wird wieder hollywoodgerecht in Szene gesetzt. Hier auf der einen Seite, in der blau-weiß-roten Ecke der Demokratie, der Beschützer der westlichen Welt, der Heiland aus der Neuen Welt. Er tritt an, in einem apokalyptischen Kampf um die Herrschaft der Welt, gegen den Herausforderer, gezwungenermaßen, gegen die Inkarnation des Teufels, ein Zwitterwesen aus Hitler, Stalin und Ceaucescu. Weiß gegen Schwarz. Gut gegen Böse. Das Licht gegen das ewig Finstre. So liest man es. So sieht man es. So hört man es. Aber ist es auch so? Ist Saddam Hussein der neue Adolf Hitler? In der Harald-Schmidt-Show ginge jetzt ein Raunen durch das Publikum: Oooh, ein Hitler-Vergleich... Bisher hat jeden so etwas den Kopf gekostet. Ich sage nur: deutsche Justizministerin. Aber ist an diesem Vergleich etwas dran? Was wird ihm vorgeworfen? Was Hussein im Vorfeld dieser neuen Propagandaschlacht vorgeworfen wurde, zum Teil zu Recht, wissen wir. Aber warum will Bush, so weit entfernt vom heimischen, texanisch-sicheren Schoß einen Krieg vom Zaun brechen und damit, ähnlich wie sein Vater, wieder Gott spielen und über das Leben von hunderttausend und noch mehr Menschen gebieten? Wer gibt ihm das Recht dazu? Ihm Bush, einem undemokratisch gewählten US-Präsidenten, der zuzeiten des Vietnamkrieges, dank seines Vaters eine Stelle bei den Veteranen absitzen durfte, anstatt die Greuel des Krieges am eigenen Leibe zu erfahren und damit einschätzen zu können, was er den am Krieg Beteiligten mit seiner Entscheidung pro Irakkrieg antun wird. Was wird dem Diktator Hussein neuerdings vorgeworfen, das einen Krieg rechtfertigen würde?

  • Besitz oder Herstellungsmöglichkeiten von Atomwaffen
  • Besitz oder Herstellungsmöglichkeiten von chemischen Waffen
  • Besitz oder Herstellungsmöglichkeiten von biologischen Waffen
  • Besitz oder Potenzial für die Herstellung von Raketen mit Reichweiten bis in die USA
  • Verbindungen zur Terrororganisation Al-Quaida

Und: Demokratie für den Irak!!! Hurra. Na allein schon dafür lohnt es sich, als US-Soldat zu kämpfen. Demokratie. Ein Schlagwort, für das jeder Bewohner der westlichen Hemisphäre bereit wäre, sein Leben zu geben. Das wird einem zumindest von Seiten der Medien suggeriert.

Aber zu den Anschuldigungen. Ich beziehe mich jetzt in erster Linie auf die Aussagen des ehemaligen UN-Waffeninspekteurs Scott Ritter aus seinem Buch „Krieg gegen den Irak“.

Punkt 1 - Atomwaffen: Ritter ist der Meinung, dass 1998, als er mit den anderen Waffeninspekteuren den Irak verließ, die Infrastruktur und die Anlagen zur Herstellung und Entwicklung von atomaren Waffensystemen vollständig und zu 100 Prozent zerstört worden sind. „Wir können ohne Abstriche sagen, dass die industrielle Infrastruktur, die der Irak zur Herstellung von Atomwaffen benötigt, zerstört wurde.“ 100 Prozent. Der Irak hätte also völlig von vorn anfangen müssen. Die wissenschaftlichen Kapazitäten hatten sie. Das ist allerdings nicht illegal. Auch bestünde, laut Ritter, durchaus die Möglichkeit, dass die Iraker wieder mit dem Gedanken spielen ein Atomwaffenprogramm aufzubauen. Er weist dann aber auf die Realitätsferne eines solchen Projektes hin. „Die Iraker müssten praktisch aus dem Nichts Anlagen zur Anreicherung von Nuklearmaterial und zur Waffenproduktion aufbauen.“ Die Kosten würden sich auf zig Milliarden US-Dollar belaufen. In einem Land, das durch ein Wirtschaftsembargo die Luft zum Atmen genommen wird und ohne eine Möglichkeit der Kreditaufnahme im Ausland, dürfte das Aufbringen dieser Summer unmöglich sein. Zusätzlich erschwerend käme hinzu, dass man die industrielle Infrastruktur benötigen würde. Denn allen amerikanischen Unkenrufen zum Trotz, lassen sich Atomwaffen nicht im Keller von Oma Käthe bauen. Enorme Mengen an Strom und geschützte Technologien wären nötig. Diese sind jedoch auf dem freien Markt nicht oder nur kaum zu haben. Zudem verfügt der UN-Sicherheitsrat über Protokolle, die zeigen, dass das Atomwaffenprogramm vollkommen zerstört wurde. Außerdem könnte der Irak einen Neuaufbau einer für die Atomwaffenherstellung benötigten Gaszentrifugenanlage nicht geheim halten, wegen der enormen Energiemengen die benötigt werden und wegen der Hitze, die bei diesen Prozessen entsteht. Kriegsgrund Atomwaffen ist damit Geschichte. Trotzdem setzten dieses Thema die Amerikaner immer gern ein, weil sich wohl die meisten Menschen noch an die schrecklichen Bilder ais Hiroshima und Nagasaki erinnern, wo amerikanische Atomwaffen „an lebendem Material“ getestet wurden. Solch ein Vernichtungspotenzial nicht in Händen „demokratisch“ gewählter Präsidenten, sondern in der zittrigen Hand eines Diktators der Dritten Welt...kaum auszudenken.

Punkt 2 - chemische Waffen: Nach Scott Ritter produzierte der Irak drei verschiedene Nervengifte: Sarin, Tabun und VX. Die Herstellung fand in einer (!) Anlage in der Region Muthanna statt. „Diese riesige Produktionsstätte für chemische Waffen wurde im Golfkrieg bombardiert, danach kamen die Waffeninspekteure und vernichteten alles, was davon noch übrig war. Damit verlor der Irak die Grundlage für die Herstellung von Tabun und Sarin.“ Die Befürworter für einen zweiten Krieg gegen den Irak sprechen von 20.000 Sprengköpfen, die mit Sarin und Tabun gefüllt sind. Diese Mengen müssten, da die Anlage im ersten Irakkrieg zerstört wurde, schon vorher hergestellt worden sein. Einziges Problem: die Lebensdauer. Sie beträgt lediglich fünf Jahre. Selbst wenn die Irakis also vor den Bombardierungen und Inspektionen etwas versteckt hätten, wäre es heute schlicht und ergreifend: unbrauchbar. „Es ist dann kein wirksamer chemischer Kampfstoff mehr, vor dem sich die Welt zu fürchten hätte.“ Bliebe also noch VX. Dieses hochkompliziert herzustellende Gas geisterte erst vor kurzer Zeit wieder durch die Fernsehstationen und Gazetten. Aber auch hier schließt Ritter einen irakischen Bestand aus. Auch hier wurden die Anlagen zerstört, die Infrastruktur zur Herstellung vernichtet. Auch hier liegen Zerfallsprozesse vor, die bei einer Lebensdauer von fünf Jahren, das Gas als Nervengift unbrauchbar machen. Auch hier wird der Neuaufbau einer Anlage nach 1998 ausgeschlossen. Die technische Möglichkeit habe zwar bestanden, meint Ritter, allerdings hätten die technischen Fähigkeiten hierzu nicht mehr bestanden. Die Iraker hätten bei Null anfangen müssen. Sie hätten sich die komplizierten Instrumente und Anlagen bzw. Technologien über Scheinfirmen beschaffen müssen. Ritter hält dies, ohne internationale Aufmerksamkeit zu erregen, für undenkbar. Per Satellit wird das Land überwacht, Abgase oder Gammastrahlen, wie bei einem Atomwaffenprogramm wären nicht unentdeckt geblieben.

Punkt 3 - biologische Waffen: Innerhalb des Inspektionszeitraumes von 1991 bis 1998 wurden über 1.000 (!) Einrichtungen untersucht. Ritter: „...ein paar hundert davon sogar mehrmals.“ Die Iraker verfügten damals über sehr große Mengen Anthrax, also Milzbranderreger, in flüssiger Form. Zusätzlich produzierten sie noch Botulinumtoxin, in beträchtlicher Menge und ebenso flüssig. Es war waffenfähig und Bomben und Sprengköpfe wurden damit bestückt. Andere in den heutigen Medien oft vorkommende Horrorwaffen a la Ebola, Pocken etc. fanden die Inspekteure jedoch nicht. Ab 1995, als die Iraker zugaben diese biologischen Waffen zu besitzen wurden sie von den Inspekteuren unbrauchbar gemacht und die dazugehörigen Anlagen zerstört. Die Lebensdauer von Anthrax, ehe es zu keimen anfängt und es somit unbrauchbar wird, beträgt drei Jahre. Ritter schließt damit auch den Bestand an biologischen Waffen im Irak aus. Auch Botulinumtoxin hält nur drei Jahre. Die Forschung und Entwicklung von biologischen Waffen wurde besonders überprüft. Jede forschungs- und Entwicklungseinrichtung, jede Universität, jede Schule, jedes Krankenhaus, ja sogar jede Bierbrauerei wurde daraufhin untersucht.

Punkt 4 - Trägersysteme: Besitzen darf der Irak Raketen mit einer Reichweite von bis zu 150 km. Alles was darüber liegt, ist verboten. Die Iraker forschten an zwei Antriebssystemen: Feststoff- und Flüssigantrieb (Al-Samud). Aber im Jahr 1998 waren die internationalen Waffenexperten sich sicher, dass es mindestens noch fünf Jahre dauern würde, bis die Raketen einsatzfähig wären. Und dies bei Aufhebung der Wirtschaftssanktionen , also quasi freiem Zugang zum Markt. Ritter weist auch das Vorhandensein von Mehrstufensystemen und Clusterbomben zurück, an denen die Irakis zwar ebenfalls forschten, aber sie selbst bei freiem Marktzugang und Zugriff auf die entsprechenden Technologie, nicht herstellen konnten. Selbst wenn sie das nötige Know-How irgendwann einmal besäßen, müssten sie jede Menge Tests durchführen, im Freien. Unter Geheimhaltung versteht man da allerdings im allgemeinen etwas anderes. Von der CIA ins Gespräch wurden dann die tschechoslowakischen einmotorigen Jets mit der Bezeichnung L-29. Sie könnten als Trägersystem für Bomben und Raketen verwendet werden, meinte der US-Geheimdienst. Israelische Experten sehen dies anders. Ein Umbau hätte unweigerlich Folgen für die Reichweite und den Treibstoffbedarf. Sie sehen darin keine bedrohliche Waffe. Die Israelis müssen es wissen. Sie wurden im 1. Irakkrieg (Golfkrieg) mit Raketen des Irak beschossen.

Bleiben noch die angeblichen Verbindungen zu Al-Quaida. Spätestens hier erkennt man, dass die amerikanische Regierung nach fadenscheinigen Beweisgründen sucht, um einen Krieg gegen den Irak loszutreten. Saddam Hussein ist ein säkularer Diktator. Er hat in den letzten dreißig Jahren seiner Herrschaft den islamischen Fundamentalismus auf das Schärfste bekämpft und ihn zerschlagen Er führte nicht zuletzt auch wegen des islamischen Fundamentalismus Krieg gegen den Iran und Ajatollah Chomeini. Die Iraker haben heute Gesetze, wonach jemand, der für den Islam im allgemeinen und den Wahabbismus im speziellen Anhänger wirbt, mit dem Tod bestraft wird. Usama bin Ladin, der wahabbitischen Glaubens ist, bezeichnete Hussein indes als „Abtrünnigen, der getötet werden müsse.“ „Bin Ladin verurteile zwar die Sanktionen gegen den Irak, allerdings gehe es ihm in erster Linie um die Zivilbevölkerung des Irak“, so Ritter. Es gab auch nie eine Verbindung von Mohammed Atta zu Saddam Hussein. Atta wurde genau in der Zeit in Florida gesehen, als er sich mit irakischen Geheimdienstleuten in Prag angeblich getroffen haben soll. Das angeblich Terroristenausbildungscamp in Salman Pak ist ein Trainingslager zur Befreiung von Geiseln. Es wurde zu diesem Zweck Mitte der 80ziger Jahre vom britischen Geheimdienst gebaut. Jeder Staat, der eine nationale Fluglinie hat und Terrorangriffe zu erwarten hat, musste so ein Camp aufbauen. Der Irak wurde zur damaligen Zeit vom Iran und von Syrien mit Terroristen bedroht. Als die nationale Fluglinie 1992 dicht machen musste, übernahm der Geheimdienst das Gelände, genauer gesagt die Abteilung für äußere Bedrohungen. Diese Abteilung wurde geschaffen, um Kurdistan und insbesondere das Eindringen islamisch-fundamentalistischer Elemente aus Kurdistan und dem Iran zu bekämpfen. Es handelt sich also nicht um ein Trainingscamp für islamisch-fundamentalistische Terroristen, sondern um ein Trainingslager zur Bekämpfung eben dieser.

Man sieht, die Anschuldigungen und Verdächtigungen gegenüber dem Irak stehen, wenn überhaupt, auf sehr tönernen Füßen. Ein etwaiger Krieg, wie er in immer mehr Kreisen erwartet wird, ist kaum mehr zu verhindern. Während US-Präsident Bush seinen Weihnachtstruthahn verspeist und seine Weihnachtsferien genießt, wird die restliche Welt durch die noch immer kritischen Medien auf einen Krieg gegen den Irak eingeschworen, dessen Folgen nicht absehbar sind und jedwede Vorstellungskraft übertreffen werden. In der christlichen Rechten Amerikas sieht man die Zeit des Armageddon bereits gekommen. Die Erlösung ist greifbar nahe. Die neoliberalen Konservativen haben die Hand auf dem roten Knopf und „nur“ die Weltbevölkerung ist das noch unentschlossene Zünglein an der Waage. Die Tendenz zeigt stark auf Krieg. Aber die Hoffnung, auf Frieden, stirbt wie immer - zuletzt.

Einführung
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Wie es zum ersten Irak-Krieg kam......
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