Spotlight: Hedge-Fonds - Eierlegende Wollmilchsau?
von Carsten Lexa
20.10.2003

Was versprechen Hedge-Fonds nicht alles für Vorteile gegenüber herkömmlichen Anlageformen: hohe Erträge, niedriges Risiko, niedrige Korrelationen mit anderen Anlageklassen, Profit sowohl in steigenden wie auch in fallenden Märkten - es scheint so, als hätte die Fondsbranche die optimale Anlageform entwickelt. Und es verwundert nicht, wenn diese - immer wieder hervorgehobenen - Vorteile in den Ohren baisse-gebeutelter Anleger wie Musik klingen. Mit anderen Worten: ab 2004 - dem Jahr, in dem Hedge-Fonds wohl auch in Deutschland zugelassen sein werden - brechen für Anleger goldene Zeiten an.

Doch halt! Kann etwas, das so verführerisch klingt, denn wirklich wahr sein? Zumal nicht nur den Anlegern Vorteile versprochen werden, auch die Fonds-Gesellschaften versprechen sich Vorteile, nämlich in Form von hohen, stabilen, von der allgemeinen Marktentwicklung unabhängigen Verwaltungsgebühren.

Betrachten wir Hedge-Fonds also mal etwas genauer. Das Prinzip solcher Fonds ist nicht übermäßig kompliziert. Der Fonds-Manager kauft Aktien, die er für unterbewertet hält, und verkauft gleichzeitig Aktien leer, die er für überbewertet hält. Auf diese Weise koppelt sich der Fonds von der allgemeinen Marktentwicklung ab. Diesem Prinzip folgte schon der erste, von Alfred Winslow Jones 1949 gegründete Hedge-Fonds.

Auf der anderen Seite ist ein solcher Fonds dann natürlich in stärkerem Maß von der Richtigkeit der Einschätzung seiner Manager abhängig. Oder anders: ein Hedge-Fonds tauscht Marktrisiko in Fähigkeitsrisiko. Diese Möglichkeit, in reine Managementfähigkeiten zu investieren, ist es, die das Konzept der Hedge-Fonds so faszinierend macht.

Betrachtet man aber "normale" Aktienfonds genauer, so wird dieses Grundprinzip auch hier angewandt: Wertpapiere, die der Fonds-Manager für unterbewertet hält, werden übergewichtet, Wertpapiere, die er für überbewertet hält, werden untergewichtet. Im Gegensatz zum Hedge-Fonds besteht aber nicht die Möglichkeit des Leerverkaufs, weshalb die normalen Fonds die Gewichtung in einzelnen Papieren maximal auf Null reduzieren können.

Das Prinzip der Hedge-Fonds hat nur einen Schönheitsfehler: es ist nicht möglich, das Kapitalmarktrisiko gleichzeitig für alle Marktteilnehmer zu reduzieren. Irgendjemand muß innerhalb der gesamten Volkswirtschaft das Zins- oder das Unternehmensrisiko tragen. Denn die Rolle des Kapitalmarktes besteht - leider - nur darin, die Verteilung der gesamtwirtschaftlichen Risiken zu optimieren, nicht hingegen sie gänzlich aufzuheben.

Damit ist aber auch klar, dass Hedge-Fonds keinesfalls zu einer gesamtwirtschaftlichen Verbesserung führen können, da es ausgeschlossen ist, dass alle Anleger gleichzeitig hohe und stabile Erträge erlangen. Irgendjemand muß auch weiterhin das unternehmerische Risiko tragen, oder das Risiko der konjunkturellen Schwankungen. Es ist ja nicht so, dass sich die riskanten Wertpapiere mit der Einführung der Hedge-Fonds einfach in Luft auflösen.

Sowenig also das gesamtwirtschaftliche Risiko vermindert werden kann, sowenig kann das gesamtwirtschaftlich zur Verfügung stehende Investment-Knowhow vergrößert werden. Je besser sich ein Manager schlägt, umso schlechter muß ein anderer sein. Auch in der Vergangenheit war es fast schon Gesetz an den Kapitalmärkten, dass nur die allerwenigsten Manager mehrfach hintereinander besser waren als der Gesamtmarkt (sprich der zugrunde liegende Index).

Zusammengefaßt stellen sich also Hedge-Fonds nicht als der Weisheit letzter Schluß dar. Getauscht wird nur das Risiko - Markt gegen Fähigkeit. Auch in der Vergangenheit versprach so etwas nicht automatisch Erfolg. War der Manager schlecht, dann war dies auch die Performance des Fonds. Viele der Argumente für Hedge-Fonds entpuppen sich letztendlich als leere Hüllen, es bleibt nur eine andere Art des Investments.

Warum sich aber dennoch so viele Fürsprecher für Hedge-Fonds finden wird spätestens dann klar, wenn man sich die Verwaltungsgebühren solcher Fonds ansieht. Diese liegen nämlich teilweise deutlich über denen vergleichbarer Aktienfonds, dazu kommt noch in den meisten Fällen eine satte Gewinnbeteiligung. Für die Fonds-Gesellschaften mit ihren gewaltigen Werbemaschinerien dürften sich die Hedge-Fonds wohl wirklich als eierlegende Wollmilchsäue entpuppen.

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