Spotlight: Wo will Rot-Grün das Geld herholen?
von Oliver Lexa

Was vor der Wahl niemand erwartet hätte scheint sich nun einzustellen: Steuererhöhung. Vergessen ist, was vor der Wahl gesagt wurde. Die Schulden sind zu hoch, die Arbeit zu wenig, die Subventionen zu groß, das Wachstum zu klein. Abhilfe schafft hier die Kürzung bzw. Wiedereinführung gewisser Steuern.

Aber Rot-Grün hat es schwer. Was wird wie und wann gekürzt? Welche Kürzung läßt sich mit dem politischen Programm verteten? Die Koalitinsverhandlungen sind im Gange. Hier einige Vergünstigungen, die in den Koalitionsverhandlungen auf der Streichliste stehen.

1. Die Entfernungspauschale
Bisher durften Auto- und Bahnpendler ihre Fahrten bei der Steuer berücksichtigen.
Neu: Wer weniger als 30 km zum Arbeitsplatz braucht, soll nun 100 € mehr Steuern pro Monat zahlen.
Gewinn: ca. 4,5 Milliarden € (Bund, Länder, Gemeinden)
Kommt es so? Könnte sein. Die Grünen sind umweltpolitisch dafür, SPD eher dagegen. Zustimmung des Bundesrats erforderlich. Proteste der Pendler ist gewiss.

2. Die Mehrwertsteuer
Bisher waren Karten für staatliche Theater und Konzerte von der Steuer befreit.
Neu: Die Eintrittskarten würden sich um bis zu 16% verteuern.
Gewinn: ca. 1,3 Milliarden € (Bund, Länder, Gemeinen, Rentenversicherung)
Kommt es so? Wahrscheinlich. Aber der Widerstand der starken Kulturlobby ist wahrscheinlich. Ebenfalls befürchtet man weniger Besucher und somit höhere Subventionsausgaben.

3. Der Agrardiesel
Bisher bezahlen Landwirte 21,48 Cent weniger Mineralölsteuer pro Liter Diesel.
Neu: Volle Mineralölsteuer. Dies würde bedeueten, das ein Landwirt, der 10.000 Liter Diesel im Jahr verbrauht, bis zu 2150 € mehr Zahlen müßte.
Gewinn: ca. 430 Millionen € (nur Bund)
Kommt es so? Höchstwahrscheinlich, dann aber in Stufen, da sogar Frau Künast (Grüne) vor einer zu starken Belastung der Landwirt warnt. Problem: Union könnte die Abschaffung im Bundesrat blockieren.

4. Die "Vermögenswirksamen Leistungen"
Bisher wurden Sparverträge mit bis zu 129,60 € (Osten: 150 €) gefördert.
Neu: Arbeitnehmer müßten auf die Zuschläge in Höhe von bis zu 12,50 € im Monat verzichten.
Gewinn: ca. 435 Millionen € (Bund, Länder, Gemeinden)
Kommt es so? Sehr wahrscheinlich. Die Zuschläge bei den Arbeitnehmern sind nicht so üppig. Große Proteste wegen dem Wegfall sind nicht zu befürchten. Rot-Grün erwartet durch diesen Wegfall auch noch mit einer verstärkten Nachfrage nach der Riester-Rente.

5. Die Ökosteuer
Bisher zahlen Firmen des produzierenden Gewerbes nur 20% der Ökosteuer
Neu: Gleichschaltung der Steuer. Damit würde sich die Ökosteuer verfünffachen.
Gewinn: ca. 3,7 Milliarden € (Bund, Länder, Gemeinden)
Kommt es so? Ungewiss. Betriebe mit hohem Energieverbrauch (Stahlindustrie, Chemie) drohen mit Abwanderung. Dies würde höheren Schaden, als Nutzen bedeuten. Ebenfalls hat sich die Industrie im Gegenzug für die Ausnahme im Jahre 2000 auf freiwilliger Basis dazu verpflichtet, Energieeinsparungen im Klimaschutzabkommen vorzunehmen.

6. Diesel
Bisher ist die Mineralölsteuer auf Diesel pro Liter um 18 Cent niedriger als auf Benzin.
Neu: Abschaffung dieser Regelung. Dadurch müßten ca. 7 Millionen Dieselfahrer mehr Mineralölsteuer zahlen. Diesel wäre genauso teuer wie Benzin.
Gewinn: ca. 5 Milliarden € (Bund)
Kommt es so? Abwarten. Vorteil für die Regierung: Die Dieselsteuer kann ohne Zustimmung des Bundesrates erhöht werden. Proteste der Dieselfahrer sind zu erwarten.

7. Der Sparerfreibetrag
Bisher sind Zinsen bis 1550 € (Alleinstehend) und 3100 € (Verheiratete) steuerfrei.
Neu: Wenn diese Regelung wegfällt müßten Alleinstehende bis zu 775 € und Verheiratete bis zu 1550 € mehr Steuern im Jahr zahlen.
Gewinn: ca. 2,5 Milliarden Euro (Bund, Länder, Gemeinden)
Kommt es so? Wahrscheinlich. Rot-Grün hat den Freibetrag ja schon 2002 halbiert. Abzuwarten ist die Reaktion der Union im Bundesrat. Steuerhinterziehung soll durch die Lockerung des Bankgeheimnisses erschwert werden.

8. Das Flugbenzin
Bisher ist das Flugbenzin für gewerblichen Flugbetrieb steuerfrei.
Neu: Sollte dies wegfallen, würden Fluggesellschaften die Steuererhöhung sofort auf die Flugticketpreise aufschlagen.
Gewinn: ca. 460 Millionen €
Kommt es so? Wahrscheinlich, aber erst langfristig. Flugverkehrsabgaben sind nur auf europäischer Ebene möglich.

9. Das Ehegattensplitting
Bisher wird das Gesamteinkommen eines Paares auf beide Partner aufgeteilt.
Neu: Sollte dies fallen, würden ca. 5,5 Millionen Ehepaare mit einem mehr als 40.000 € zu versteuerndem Jahreseinkommen betroffen sein. Sie müßten dann bis zu 301,20 € pro Monat mehr zahlen.
Gewinn: ca. 2 Milliarden €
Kommt es so? Fragwürdig. Die Planung bringt kaum Einnahmen, ist verfassungsrechtlich umstritten und würde Familien mit Kindern schlechter stellen. Ebenfalls hat die Union eine Blockade im Bundesrat angekündigt.

10. Die Eigenheimzulage
Bisher zahlte der Statt beim Bau eines Hauses acht Jahre lang bis zu 2556 € pro Jahr als Zuschuss.
Neu: Sollte diese Vergünstigung fallen, würden neue Bauherren die innerhalb von zwei Jahren weniger als 81.807 € (Alleinstehend) bzw. 163.614 € (Verheiratete) verdienen, diesen Zuschuss nicht mehr bekommen.
Gewinn: ca. 9,3 Milliarden € (Bund, Länder, Gemeinden)
Kommt es so? Wahrscheinlich stufenweise. Grüne wollen lieber die Sanierung von Altbauten fördern. Dadurch würde sich das Einsparvolumen reduzieren.


So wie es aussieht, wird der Bündnisvertrag schnell und problemlos geschafft sein. Joschka Fischer ist der starke Mann der Grünen, Kanzler Schröder hat keinen Widersacher wie z.B. 1998 in Oskar Lafontaine mehr. Diese beiden Männer verstehen sich gut, so daß größere Konflikte nicht zu erwarten sind. Und wurde in den vergangenen Wochen nicht schon beobachtet, wie sich der Kanzler mit den Grünen gegen Spar-Chef Eichel gestellt hat? So wird es eigentlich nur einen wirklichen Gegner dieser Einsparungen am Ende geben: die Steuerzahler. Und die werden sich nicht von Haarfärbemitteln, ruhigen Händen und Marathonläufen beruhigen lassen. Für den Steuerzahler zählt nur eins. Das liebe Geld......

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