Spotlight: Schröder oder Stoiber - Wer profitiert?
von Oliver Lexa

Am 22. September ist Bundestagswahl. Dann entscheidet sich, ob die jetzige Regierungskoalition fortgesetzt wird, oder ob die politische Führung in Deutschland wechselt.
Damit verbunden ist die Frage, wie sich ein möglicher Wechsel oder der Fortbestand der Regierung auf die verschiedenen Wirtschaftsbranchen auswirkt. Das sich Auswirkungen ergeben werden ist nicht unbestritten, denn die wirtschaftlichen Ansichten der Regierungspartei sind natürlich nur ein Baustein im Mosaik des zu bedenkenden Anlageumfeldes. Jedoch sind bestimmte Grundhaltungen der großen Parteien (und natürlich auch der kleinen) zu erkennen, anhand derer sich schon ein paar Schlußfolgerungen ziehen lassen für die wirtschaftliche Richtung in den nächsten 4 Jahren ziehen kann.

Eines vorweg: Man braucht keine Hoffnung zu haben, daß sich die Bundestagswahl gravierend auf die Börse auswirkt. Wieso nicht? Weil sich der DAX eher an der Wall Street orientiert und mit dem momentanen Irak-Konflikt und der US-Konjunkturaussicht "wichtigere" Themen anstehen als die Kanzlerfrage.

Aber einige kleinere Auswirkungen kann es schon geben.

Da hätte man zuerst einmal die allgemeine Erkenntnis, das ein Regierungswechsel statistisch gesehen immer einen gewissen Anstieg des Dax in Deutschland nach sich zog (z.B. Brandt- Kiesinger 1969, Schröder- Kohl 1998). Schließlich erwartet man von dem neuen Kanzler tiefgreifende Reformen... auch Vorfreude kann den Trend bestimmen.

Horcht man ein bißchen umher, zeigt sich, daß Stoiber der Mann für harte, schmerzhafte, aber dringend nötige Reformen ist. Zumindest traut man einem Kanzler Stoiber eher zu, auch mal gewagte Reformen anzugehen. Was nicht heißen soll, daß ein solcher Weg nicht auch mit einem Kanzler Schröder möglich sei. Die Finanzgemeinde erwartet aber einen besseren Kurs mit einem Kanzler Stoiber.

Welche Branche könnte nun aber von welchem Kanzler profitieren?

Große Kapitalgesellschaften wie z.B. die Deutsche Bank, würden wohl vor allem von Schröder profitieren. Setzte seine Regierung doch durch, das Kapitalgesellschaften inländische Beteiligungen seit 2001 steuerfrei verkaufen dürfen. Stoiber und die FDP hingegen haben gegen diese Regelung widersprochen bzw. möchten eine Wiedereinführung der Besteuerung. Vorteil des Steuerwegfalls für die Kapitalgesellschaften bisher: Mit steuerfreien Erträgen läßt sich eine schlechte Bilanz verbessern. Und die Kapitalgesellschaften haben immer noch großen Beteiligungsbesitz im Depot.

Die Biotechnologie-Branche könnte bei einem Sieg des Kanzlerkandidaten Stoiber auf Aufschwung hoffen, galt Herr Stoiber bisher als einer der großen Förderer junger Biotechnologie- und IT-Unternehmen, die vor allem in Bayern stark vertreten sind.
Dagegen würde ein Sieg der bisherigen Regierung sicher die Branche der regenerativen Energien Aufschwung versprechen. Schließlich ist dies eines der wichtigsten Programmpunkte des grünen Koalitionspartners. Weg mit der Atomkraft, her mit der Wind-, Sonnen- und Wasserkraft.
Unter einer schwarz-gelben Regierung würde man auf die Atomkraft sicher nicht so schnell verzichten wollen. Dies würde den großen Energiekonzernen , z.B. Eon und RWE, gefallen (und man darf nicht vergessen, daß Herr Stoiber sein Herz an Bayern verloren hat. Das Land Bayern hält 5 Prozent Eon-Anteile).

Die Automobilbranche könnte auch wieder aufatmen, wenn der neue Kanzler Stoiber heißen würde. Die Union möchte die nächste Stufe der Ökosteuer aussetzen. Dies könnte der Inlandsnachfrage, welche im Moment sehr abgeflacht ist, neue Impulse geben.
Interessanter Hinweis an dieser Stelle: Würde der Niedersachse Schröder abgewählt werden, könnte dies einen Aufschwung der VW (!!)- Aktie bewirken. Wieso? Bisher verteidigte Schröder das von der EU stark kritisierte VW-Gesetz. In diesem ist geregelt, daß Niedersachsen das letzte Wort bei wichtigen Entscheidungen hätte. Wäre Stoiber Kanzler, so würde dieses Gesetz, so die allgemeine Meinung, wohl kippen. Und die Aktie wäre interessanter für ausländische Investoren.

Nun hätte man noch die großen ehemaligen Staatsunternehmen (Deutsche Telekom und Deutsche Post). Trotz der unglücklichen Ron-Sommer-Situation, würde ein erneuter Schrödersieg diesen Unternehmen guttun. Der Bund hält noch immer große Pakete dieser Unternehmen. Stoiber und FDP drängen auf eine schnellere Privatisierung dieser Unternehmen. Nur leider fehlen die Käufer für diese Aktien. Wollen Stoiber und FDP aber tatsächlich eine schnelle Lösung suchen, könnte dies bedeuten, daß der Bund seine Pakete zu schwachen Preisen verkaufen (manche würden sagen: "verschleudern") könnte.
Mit einem Kanzler Schröder würde sich diese Entwicklung wohl nicht so schnell, ganz dem Motto der "ruhigen Hand", einstellen. Die Konzerne hätten also länger Zeit, ihre Bilanzen aufzuwerten.
Aber nur die Kanzlerfrage bestimmt auf keinen Fall das Schicksal dieser Konzerne. Die Kanzlerfrage unterstützt, aber sie ist nicht das Allheilmittel. Wichtiger für die Deutsche Telekom wäre z.B. ein Erfolg von UMTS.

Nun hätte man noch die vielen mittelständischen Betriebe.
Ein Sieger Sschröder könnte einigen dieser Betriebe besser gefallen, da der Mut zu gewissen Risiken stärker vorhanden wäre als unter einem Kanzler Stoiber. Schröder hat das Image des "Retters". Einige Betriebe könnten dies als Freibrief sehen. Geht ein Risiko gut, wäre großer Gewinn zu erwarten. Schlägt man fehl, kommt der "Chefsachen-Schröder" und rettet das Unternehmen. Ob ein Kanzler Stoiber so eine "ruhige Hand" behalten würde ist fraglich.
Andererseits ist das Vertrauen in mittelständische Unternehmen stark gesunken unter Schröder. Mit fast 75000 Insolvenzen in den letzten beiden Jahren, dazu eine Steuererhöhung für GmbH`s ab 2003 um 1,5 Prozent und ein Ausbleiben einer Senkung der Einkommenssteuer, die den Mittelständern nutzen würde, lassen eher auf einen Aufschwung durch einen Kanzler Stoiber hoffen (gerade der gelbe Koalitionspartner tritt sehr stark für Steuerentlastung der Betriebe ein).

Egal welche Regierung den Sieg davon tragen wird, es müssen viele tiefgreifende Reformen in Angriff genommen werden. Die meisten Finanzexperten halten aber eine schwarz-gelbe Regierung geld-, wachstums-, und marktpolitisch für kompetenter.

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